Berlin 10. Oktober 2017
Bundestagswahl 2017 – kommt eine grundlegend neue Wohnungspolitik?
Das Ergebnis der Bundestagswahl 2017 ist amtlich: Die Große Koalition wird wohl bald Geschichte sein. Weiter regieren werden CDU und CSU, mit wem ist noch nicht gänzlich geklärt. Den Immobilienverbänden zufolge war die Wohnungspolitik bisher geprägt von einer Regulierungswut. Von der kommenden Regierung erwartet die Branche eine grundlegend neue Wohnungspolitik.
Die politischen Versprechen zur Wohnungspolitik waren vielfältig
Haufe hielt während des Wahlkampfes fest, welche Versprechungen oder Vorschläge die Parteien (hier wurden CDU/CSU, SPD, FDP, Die Grünen und Die Linke betrachtet) unter anderem hinsichtlich der Themen Wohneigentum, Wohnungsneubau, Bestellerprinzip, Mietpreisbremse und Klimaschutz machten.
Was sagen die Parteien zur Förderung von Wohneigentum?
Die Eigenheimquote in Deutschland ist im europäischen Vergleich noch immer gering mit weniger als fünfzig Prozent. Hier versprechen alle genannten Parteien, verstärkt Anreize schaffen zu wollen.
Einstellung gegenüber dem Wohnungsneubau
CDU/CSU: Sie wollen die Afa von zwei auf drei Prozentpunkte erhöhen. Auch soll es eine konkrete Musterbauordnung geben, die verbindlich für alle Bundesländer gelten soll.
SPD: Sie stehen für einheitliche Bau-Standards und wollen Anreize für den Neubau schaffen.
FDP: Die FDP stimmt der Erhöhung der Abschreibung der Union zu und will Bundesmittel für den Wohnungsbau zweckmäßig binden. Auch wollen sie mehr und größere Baugebiete.
Die Grünen: Sie sind für nachhaltige Gebäude und wollen keine schnellere Abschreibungsmöglichkeit, sondern energieeffiziente Immobilien mit einer Nutzungsdauer jenseits von 33 Jahren.
Die Linke: Sie vertreten die Meinung, dass der Staat mindestens 250.000 Wohnungen bauen oder kaufen und sie der sozialen Wohnungswirtschaft zuführen soll.
Die Haltungen gegenüber dem Bestellerprinzip gehen teilweise eindeutig auseinander
SPD, Grüne und Die Linke wollen das Bestellerprinzip auch bei Immobilienverkäufen einführen. Hiergegen spricht sich die CDU/CSU entschieden aus. Die FDP äußert sich nicht eindeutig, ist jedoch tendenziell gegen das Bestellerprinzip.
Wird die Mietpreisbremse verschärft oder abgeschafft?
CDU/CSU: Sie wollen die Mietpreisbremse als Instrument beibehalten, eine Verschärfung lehnen sie allerdings ab.
FDP: Sie sind gegen eine Mietpreisbremse.
SPD: Sie hält die Regelung für eine geeignete Maßnahme zur Regulierung des Immobilienmarktes und will Vermieter darüber hinaus gesetzlich verpflichten, die Miete des Vormieters offenzulegen. Außerdem ist die SPD für eine Reduzierung der Modernisierungsumlage von elf auf acht Prozent. Mieterhöhungen in beliebten Wohnlagen sollen nicht mehr nach drei Jahren, sondern erst nach vier erfolgen. Bei unzulässig hohen Mieten soll die Differenz rückwirkend erstattet werden können.
Die Grünen: Sie wollen eine einheitliche Regelung. Strengere Modernisierungsauflagen sollen veranlasst werden. Eine Begrenzung der Mieten soll nicht fünf, sondern zehn Jahre bindend gelten.
Die Linke: Sie schlagen ebenfalls eine deutschlandweite Mietpreisbremse ohne Ausnahmen vor und sind ferner für eine unbefristete Lösung. Ein Ignorieren der Vorgabe soll als Betrug geahndet werden.
Thema Klimaschutz
CDU/CSU: Die Union will Sanierungen zur Verbesserung der Energiebilanz weiterhin staatlich durch Sonderabschreibungen fördern.
SPD: Sie setzt auf das Mieterstrommodell.
Die Grünen: Sie wollen verschiedene Gesetze zu Energieeinsparmöglichkeiten und Wärmeerzeugung aus regenerativen Energien zusammenführen. Zur Reduktion des CO2-Ausstoßes wird eine Verdoppelung der öffentlichen Mittel angestrebt.
Die Linke: Sie plädieren für Sonderabschreibungen.
FDP: Ihrem Programm ist zu dieser Thematik nichts zu entnehmen.
Was sind nach Wahlausgang die Stimmen der Immobilienbranche? Auch darüber hat Haufe berichtet.
“Wenn die neue Regierung da weitermacht, wo die Große Koalition aufgehört hat, wird es weiterhin zu wenige Wohnungen geben, zu wenig Neubau, zu wenige Baugenehmigungen, und die Preise werden weiter steigen”, so Jürgen Schick, Präsident des Immobilienverbands IVD.
Auch die ZIA fordert Anreize statt Regulierungen. Hier können Sie das Positionspapier einsehen.
Der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW hat einen 14-Punkte-Fahrplan für eine neue Wohnungspolitik vorgelegt und appelliert an die Parteien, diesen bei den anstehenden Koalitionsverhandlungen zu berücksichtigen.
Weitere Statements zur Bundestagswahl
Dr. Esfandiar Khorrami, Rechtsanwalt und Partner bei Bottermann Khorrami, präferiert eine Dreier-Koalition aus CDU/CSU, FDP und Den Grünen. Damit sei eine Verschärfung der Mietpreisbremse ausgeschlossen. Khorrami hofft weiter auf den von der FDP geforderten Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer in Höhe von 500.000 Euro beim ersten Immobilienerwerb sowie eine Lockerung bei der Wohnimmobilienkreditrichtlinie. Die deutsche Version ist in seinen Augen ein typischer Fall von Überregulierung.
Aus der Sicht von Thomas Schneider, CIO von BrickVest, gehört die Regulierung des Crowdinvesting-Marktes zu den drängenden Fragestellungen. Hier seien dringend klare Regelungen notwendig, um einem Vertrauensverlust entgegenzuwirken.
Kruno Crepulja, CEO der Instone Real Estate Group, hofft, dass sich CDU/CSU und FDP gegen die Forderungen Der Grünen nach starken Regulierungen durchsetzen. Die neue Bundesregierung müsse auf eine Verschlankung von Normen und Gesetzen sowie auf die Reduzierung der Bürokratie setzen, bundesweit sollten einheitliche Regulierungen eingeführt werden. Wichtig sei, dass die Immobilienwirtschaft leichter Zugang zu Bauland erhalte. Auch die Schaffung von Wohnraum durch Nachverdichtung in den Innenstädten solle vereinfacht werden.
Die Jamaika-Koalition bedeute für die Immobilienbranche, dass eine Reihe an Fragen neu ausgehandelt werden müssen. “In vielen strittigen Fragen wie Grunderwerbsteuer, Finanzmarktregulierung oder Mietpreisbremse liegen die Positionen der Parteien auseinander”, so Antoinette Hiebeler-Hasner, Partnerin bei Vistra. Das Ergebnis werde bei vielen Fragen ein Kompromiss sein. Frau Hiebeler-Hasner ist überzeugt, dass die Regulatorik pragmatisch umgesetzt und ausgelegt werden muss.