Berlin 14. Juni 2016
Welche Auswirkungen hat die Globalisierung auf den Immobilienmarkt?
Unter dem Titel London zerstört sich selbst berichtet DIE ZEIT über die Folgen der Globalisierung auf den Immobilienmarkt in Großbritanniens Hauptstadt. Globales Kapital verdrängt die Einwohner aus ihrer Metropole.
Betrachtet man die Großstadt als Lebens- und Wirtschaftsraum, so stößt man schnell auf den Begriff der Global City. Dahinter steckt der Gedanke, dass sich Metropolen im Zuge der Globalisierung zu einflussreichen Instanzen entwickelt haben. Heute lebt mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten (Stichwort Urbanisierung). Global Cities besitzen teilweise mehr Machtpotenzial als ihr Staat und stellen weitaus mehr als bloß Wohn- und Arbeitsplatz dar.
Diese Entwicklungen machen sich auf dem Immobilienmarkt bemerkbar, insbesondere auf dem Wohnungsmarkt. Die Nachfrage nach Miet- und Eigentumsobjekten steigt stetig. Objekte, die durch Altbaubestand, urbane Dichte sowie Nutzungsmischung geprägt werden, sind dabei besonders gefragt.
In London sind innerhalb des letzten Jahres mehr als 55 Milliarden Dollar ausländisches Kapital investiert worden. Zwei Drittel der Wohneinheiten gingen an Käufer aus Singapur, Hongkong oder Malaysia. Der erste Eindruck mag positiv sein — Boom und Aufschwung. Schaut man jedoch genauer hin, werden auch die Schattenseiten klar.
Um diese Folgen zu verdeutlichen, hier das Beipiel eines Ehepaares — beide berufstätig, zusammen verdienen sie etwa 5.000 Euro: Für die Miete ihres WG-Zimmers nördlich der Londoner Innenstadt geben sie monatlich 50 Prozent ihres Einkommens aus. Das Paar ist repräsentativ für die zerquetschte Mitte, die gut ausgebildete Mittelschicht, die wegen ihrer kreativen und führungsrechnischen Kompetenzen für den Dienstleistungssektor eigentlich unersetzlich ist. Damit verbaut sich London selbst das Wachstumspotenzial.
Die Ursache sieht Saskia Sassen, Professorin für Soziologie an der Columbia-Universität, darin, dass Bauherren zu Stadtplanern werden. Diese werden in erster Linie durch betriebswirtschaftliche Ziele geleitet — Investoren werden somit zu Verwaltern des Stadtbildes. Sie entscheiden, welcher Coffee-Shop als nächstes eröffnet oder ob der Innenhof als Spielfläche für Kinder genutzt werden darf oder nicht. Die Londoner selbst haben damit kaum noch eine Stimme und werden schließlich aufgrund der enormen Lebenskosten aus ihrer Stadt verdrängt.
Globalisierung bedeutet für den Immobilien- und Kapitalmarkt das Agieren weltweiter Investoren und die Entstehung internationaler Preise. Preise, die losgelöst vom regionalen Markt sind sowie der lokalen Kaufkraft, weiter ansteigen.