Berlin 15. Juni 2016
Der Tod des Sparers
Wie das Handelsblatt berichtet, fiel die Verzinsung der zehnjährigen Bundesanleihe am 14. Juni 2016 um 9.24 Uhr erstmals unter null Prozent. Der Bundes-Bond rentierte in diesem Moment bei ‑0,001 Prozent. Deutschland hat damit das absurde Stadium erreicht, in dem das Schuldenmachen bezahlt wird.
Hintergrund und Ursachen
Der Hype um die Bundesanleihe beruht auf ihrem Status als wichtigster Maßstab für die langfristigen Kapitalmarktzinsen. Sie ist das entscheidende Instrument zur Kreditaufnahme des Bundes. Angesichts des enormen Volumens sind die Papiere auch in Krisenzeiten gut handelbar. Das macht sie für Banken, Pensionfonds und Versicherer so attraktiv, drückt aber gleichzeitig die Rendite. Der Run birgt schön länger die Gefahr einer Blase.
Die beiden zentralen Auslöser werden in der Sorge um dem Ausstieg Großbritanniens aus der EU und in der ultralockeren Geldpolitik der EZB gesehen. Der befürchtete Brexit führt zu einer Flucht in Bundesanleihen. Das lässt die Kurse in immer neue Höhen klettern und drückt im Gegenzug die Rendite. Hintergrund der lockeren Geldpolitik ist der Kampf gegen die Deflation. EZB-Chef Draghi beabsichtigt eine Ankurbelung der Kreditvergabe, um die Wirtschaft in Schwung zu bringen. Letztlich wird die Geldentwertung durch den Anstieg des Erwerbes von Bundesanleihen nur weiter nach oben getrieben.
Folgen
Kommt es nach der Volksabstimmung am 23. Juni 2016 zum tatsächlichen Ausstieg Großbritanniens, so warnt Oliver Eichmann (Co-Leiter Deutsche Asset Management), „dies könnte die Renditen für Bundesanleihen noch weiter drücken.“
Gewinner waren lediglich kurzfristig orientierte Investoren, die deutsche Bundesanleihen kauften und rasch wieder verkauften.
Verlierer sind insbesondere Banken und Versicherer. Für sie können ernste Solvenzprobleme entstehen, da sie aus regulatorischen Gründen viele Staatsanleihen halten. Die Banken müssen schon länger mit negativen Zinsen leben – Geld bei der EZB zu lagern, kostet sie jährlich 0,4 Prozent. Mittlerweile geben sie die Negativzinsen in wachsendem Umfang an ihre Kunden weiter (Erhöhung der Gebühren, Abschaffung des kostenlosen Girokontos).
Für den Bürger bedeuten Negativzinsen: „Sparen ist schlecht.“ Die anhaltende Niedrigzinsphase und die zukünftige Rentensituation erfordern fast unmögliche Sparanstrengungen. Deshalb werden alternative Geldanlagen, wie Immobilien, noch attraktiver.