Berlin 28. Juni 2016
Was bedeutet der Brexit für den Immobilienmarkt?
Wie die Wirtschaftswoche berichtet, dürfte der Brexit die anhaltend hohe Nachfrage nach Betongold in Deutschland weiter verstärken.
Klar ist, dass der Brexit zu Unsicherheiten auf den Finanzmärkten führt. Anleger richten daher ihren Fokus auf krisensichere Anlagen. Als Konsequenz wird in Anleihen und Immobilien investiert. Laut Carsten Schlabritz, Chef des Immobilienvermittlungsportals Immowelt, wird der anhaltende Immobilienboom dadurch weiter verstärkt.
Die Auswirkungen seien bereits zu spüren — die Immobilienaktienkurse reagieren dabei nachvollziehbarerweise schneller als die Immobilienpreise: Am Nachmittag des 27. Juni 2016 sind die drei größten Gesellschaften (Vonovia, Deutsche Wohnen und LEG Immobilien) allesamt im Plus — anders als der Dax zu diesem Zeitpunkt.
Die Bewertung der mittel- und langfristigen Auswirkungen stellt eine größere Herausforderung dar. Diesbezügliche Prognoseüberlegungen sind sehr unterschiedlich: Schlabritz vertritt die These, dass der Finanzstandort Frankfurt am Main vom EU-Austritt der Briten profitieren wird. Als Begründung nennt er, dass Banken Personal in London abziehen und nach Deutschland versetzen werden.
Christian Ulbrich, neuer Präsident des weltweit zweitgrößten Immobiliendienstleisters mit Dienstsitz London, begegnet dieser Argumentation mit Skepsis: Unternehmen siedeln sich seiner Meinung nach lediglich dort an, wo sie Talente rekrutieren können. Für die Finanzbranche sei dieser Ort nach wie vor London. Dass sich Londoner Banker in Scharen nach Frankfurt versetzen zu lassen, bezweifelt Ulbrich. Auch Tobias Just, Professor für Immobilienwirtschaft an der Universität Regensburg, sieht die Eigentümer Frankfurter Immobilien nicht unbedingt als großen Brexit-Profiteur. Möglicherweise kommt es zur Umsiedelung von ein paar Tausend Arbeitsplätzen aus der Londoner City in andere internationale Finanzzentren. „Wie viele davon allerdings Frankfurt am Main abbekommt, ist unklar“, so Just. Denn innerhalb Europas liegt Frankfurt immerhin nur auf Platz fünf der bedeutendsten Finanzzentren – hinter Luxemburg, Genf, Zürich und London.
Wenn sich letztlich auch nur ein paar wenige große Unternehmen samt Mitarbeiter aufgrund des Brexits von London nach Frankfurt am Main verlagern, so kann dies die Immobilienpreise in Deutschland (insbesondere dem Rhein-Main-Gebiet) erneut ansteigen lassen.